Herzlich willkommen auf der Seite der Fachschaft Ethik
Artikel der Fachschaft Ethik aus dem Jahresbericht 2020
Für den Schulalltag bedeutete die Corona-Pandemie des Jahres 2020 eine beispiellose Zäsur, die zumindest seit Ende des Zweiten Weltkriegs in Deutschland so noch nicht vorgekommen ist. Gleichzeitig wurden medizinethische Fragestellungen in der Gesellschaft intensiv diskutiert, die vielfältige Bezüge zu den im Ethikunterricht behandelten Themen aufweisen.
In der 11. Jahrgangsstufe setzen sich die Schülerinnen und Schüler mit dem Utilitarismus auseinander, einer Denkschule, die den größtmöglichen Nutzen bzw. das größtmögliche Glück für die größtmögliche Anzahl von Menschen anstrebt. Um dieses Ziel zu erreichen, kann im Extremfall auch das Leben von Einzelnen „geopfert“ werden. Die wichtigsten Vertreter des Utilitarismus stammten aus Großbritannien und es gibt durchaus Gründe für die Annahme, dass die Vorgehensweise der britischen Regierung zu Beginn der Pandemie von utilitaristischen Beweggründen beeinflusst war. Durch eine mehr oder weniger unkontrollierte Verbreitung des Virus sollte eine „Herdenimmunität“ erreicht werden, die eine relativ schnelle Rückkehr zum Alltagsleben und damit nur einen geringen wirtschaftlichen Schaden zur Folge hat. In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ (erschienen am 28. März 2020) fasste der in Oxford lehrende Moralphilosoph Roger Crisp die Überlegungen der Entscheidungsträger wie folgt zusammen: „Wir können das Leben von älteren Patienten opfern, denn aufs Ganze betrachtet wird es der Gesellschaft womöglich nutzen.“ Werden hier also Menschenleben auf dem Altar von Wirtschaftswachstum und Prosperität geopfert? So einfach ist es nicht, denn auch durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie werden Menschen gefährdet, die z. B. durch Bewegungsmangel oder Depressionen Schaden an Leib und Seele erleiden.
Vor einem anders gearteten Dilemma standen Ärzte in den besonders von der Erkrankung betroffenen Gebieten. Bei begrenzten Behandlungsmöglichkeiten wurden immer mehr Patienten in die Krankenhäuser eingeliefert, die eine intensivmedizinische Betreuung benötigten. Das Wort „Triage“ machte die Runde. Dabei handelt es sich um ein Auswahlverfahren, mit dem bestimmt wird, welchen Patienten bei limitierten medizinischen Ressourcen zuerst geholfen wird. Diese Fragestellung kann im Ethikunterricht der 10. Klasse besprochen werden, denn hier wird die Behandlung der Medizinethik vom Lehrplan explizit gefordert.
Nicht zuletzt war auch jeder einzelne in den letzten Monaten ungewohnten Verhaltensanforderungen ausgesetzt. Die Fürsorge untereinander kam in der Regel dadurch zum Ausdruck, dass man Abstand voneinander hielt. Gerade in einer Schule ist jedoch die unmittelbare persönliche Begegnung von Mensch zu Mensch unverzichtbar, was hoffentlich bald wieder in der gewohnten Weise möglich sein wird.
Leider musste die Fachschaft Ethik zum Halbjahr aufgrund der Versetzung von StRin Anne Höfer den Verlust einer überaus engagierten Lehrkraft verschmerzen, die das Fach mit Elan und Tatkraft unterrichtet hat. Ihr sei großer Dank für die geleistete Arbeit ausgesprochen! Erfreulich ist hingegen, dass StRin Patrizia Kohler im zweiten Halbjahr dankenswerterweise den Ethikunterricht in einigen Klassen übernommen hat, so dass ein personeller Engpass vermieden werden konnte. Herzlich willkommen in der Fachschaft!
Rainer Stiegeler (Fachschaftsleiter)